Sächsische Zeitung Dienstag, 25.
November 2003
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Diesen Mini-Luftschutzbunker entdeckten Bauleute auf
dem Gelände der Freitaler Feuerwehr am Glaswerk. Foto: Holm Helis
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Bunker in
Freital gefunden Luftschutzzelle wird in der
Nähe der Freitaler Feuerwehr geborgen Von
Manfred Gärtner
Wer in den letzten Tagen bei der Freiwilligen
Feuerwehr Freital am Glaswerk vorbeiging, wird den litfasssäulenartigen
„Kaventsmann“ aus Beton bemerkt haben. Bei Abbrucharbeiten stieß der
Baggerfahrer auf einen zunächst für eine belanglose Betonplatte gehaltenen
Gegenstand, der normalerweise an Ort und Stelle zertrümmert wird. Der Umsicht
der Firma ist es zu danken, dass bald vermutet wurde, dass dort „noch mehr
dranhängen“ muss. Mit Vorsicht wurde nun dieser Kleinbunker freigelegt, geborgen
und provisorisch im Hof aufgestellt, bis die weitere Verwendung dieses Stückes
geklärt ist. Älteren Freitalern werden die Standorte dieser in der Fachsprache
Luftschutzzelle genannten Objekte noch in Erinnerung sein. Die hier gefundene
Luftschutzzelle aus Stahlbeton wiegt 4 150 kg und hat die schablonierte
Registriernummer 25844 im Innenraum. Zelle war für zwei bis drei Personen Dort
befindet sich auch das gut erhaltene Erzeugnisschild, das besagt, dass diese
Zelle für zwei bis drei Personen von der Firma Dywidag im Betonwerk Cossebaude
hergestellt wurde. Die Ziffer 41 bedeutet das Entwicklungsjahr 1941 der regional
hergestellten, nach Größe und Material unterschiedlichen Zellen. Ihr Einsatz
erfolgte verstärkt ab 1943 infolge der alliierten Luftangriffe auf Deutschland.
Dies erforderte einen besseren Luftschutz der Bevölkerung, der
Produktionsanlagen, der Infrastruktur, um die Desorganisierung der deutschen
Kriegswirtschaft aufzuhalten. In diesem Rahmen erfüllten die Luftschutzzellen
folgende Aufgaben: Sie dienten der gesicherten Beobachtung von
Bombenabwurfgebieten von erhöhten Standpunkten (ähnlich Feuerwachtürmen) aus. So
waren zwei dieser Zellen auf dem Windberg in Denkmalnähe. Durch die Sehschlitze
wurden die Bombeneinschläge und Detonationen gezählt und registriert mit dem
Ziel, sofort nach Entwarnung möglichst schnell Bomben mit Langzeitzünder oder
Blindgänger zu finden und unschädlich zu machen. Die Zellen wurden außerdem an
wichtigen Schaltpunkten der Kriegswirtschaft eingesetzt, um eine Notbelegschaft
so lange die Prozesse steuern zu lassen, bis dort die ersten Bomben fielen. „Im
letzten Augenblick“ suchten dann die Betroffenen durch die mit Leuchtfarbe
kenntlich gemachte Tür Zuflucht in dem kleinen Raum von 0,97 qm Grundfläche und
1,76 m Höhe. Besonders betraf dies solche Prozesse, die ohne Bombeneinwirkung
nach Entwarnung nicht einfach wieder zugeschaltet werden konnten. So standen
solche Bunker im Stahlwerk an Schmelzöfen und Walzstraßen, im Glaswerk bei der
Glasminenproduktion, bei Kesselhäusern, an Rangierbahnhöfen. Drei solcher
Luftschutzzellen wurden bislang in Freital gefunden und stehen jetzt im
Militärhistorischen Museum in Dresden. Der Autor ist an weiteren Hinweisen über
Luftschutzzellen interessiert, 0351/4 71 48 02.
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