Von Manfred Gärtner
Freital. In Niederhäslich erinnern jetzt vier Tonnen historische Wahrheit an die Schrecken des Bombenkrieges.
Um
den Jahreswechsel 2003/2004 wurde in Vorbereitung der Sonderausstellung
„Sachsen im Bombenkrieg“ beim Militärhistorischen Museum der Bundeswehr
in Dresden für 2005 auch in Freital nach dem „besonderen
Ausstellungsstück“ geforscht. Dies waren schließlich die
Dywidag-Luftschutzzellen aus dem Betonwerk Cossebaude. Viele Leser der
Sächsischen Zeitung meldeten damals Fundstellen. So auch Eckhard
Göhlert von der „Metallgestaltung“ in Niederhäslich, bekannt seine
„Kupferecke“ an der Poisentalstraße.
Im Grundstück hinter dem Gasthof Poisental und dem Fahrweg Am
Steigerhaus war wohl zu Kriegsende 1945 so ein monolithisch gegossener
Stahlbetonkoloss umgestürzt und vergraben worden. Beim Garagenbau
Anfang der 1980er Jahre wurde er wieder ausgebuddelt. Bergungsversuche
mittels Kran und Lkw scheiterten am Gewicht von vier Tonnen. Nur die
Tür riss ab und landete – leider – sicherlich auf einer Halde. Der
Hohlzylinder blieb liegen, wurde durch wachsenden Baumbestand
eingeklemmt. Eckhard Göhlert versprach nach der Besichtigung vor
reichlich drei Jahren, diesen Zeitzeugen bei passender Gelegenheit an
geeigneter Stelle wieder aufzustellen.
Er hielt Wort. Seit geraumer Zeit findet man nun diese vier Tonnen
historische Wahrheit bei seiner Firma Am Steigerhaus 2: 2,40 Meter
hoch, 1,35Meter im Außendurchmesser, Wanddicke 16 Zentimeter.
Vielleicht kommt mancher bei einem Spaziergang hier vorbei, und es wird
bei den Älteren persönliche Kriegserfahrung und kollektive
Leidensgeschichte der Bevölkerung auch in Sachsen beim Bombenkrieg
wieder deutlich ins Bewusstsein rücken und anregen, dies an die
Jüngeren weiterzuvermitteln.
Schutz für Notbelegschaft
In so einer Luftschutzzelle, genannt Ein-Mann-Bunker, mussten zwei bis
drei Personen auf engstem Raum mit knapp einem Quadratmeter Grundfläche
versuchen, einen Bombenhagel zu überstehen. Die Bunker dienten
einerseits dazu, von erhöhten Standpunkten wie dem Windbergplateau aus
den Grad der Zerstörungen der Stadt festzustellen, Brände oder
Bombeneinschläge ohne Detonation zu melden und Letztere mit
Langzeitzünder oder als Blindgänger vor Entwarnung unschädlich zu
machen. Andererseits kamen die Zellen an wichtigen Stellen der
Kriegswirtschaft zum Einsatz, um dort – beispielsweise an Hochöfen –
Walzstraßen, Kesselhäusern, Rangierbahnhöfen – eine Notbelegschaft zu
haben, die dann unmittelbar bei Bombenabwurf dort Unterschlupf suchte.
Schließlich findet man die Monster noch bei Häusern quasi als
Personenschutz im Garten.
Auf Dresden einschließlich Freital wurden vom 24. August 1944 bis 17.
April 1945 neun Luftangriffe von 29 bis 580 Bombern geflogen und dabei
über 7200 Tonnen Bomben abgeworfen. Ein Angriff dauerte manchmal fast
anderthalb Stunden. Insgesamt waren in diesem Bombenhagel etwa 35000
Menschenopfer zu beklagen.
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Ein Ein-Mann-Bunker steht jetzt in Freital-Niederhäslich. Foto: Manfred Gärtner
SZ vom 09.05.2007
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Freitag, 21. November 2008 (Sächsische Zeitung)
In Freital gab es noch mehr Bunker-Funde
Luftschutzzellen aus dem Zweiten Weltkrieg wurden in Potschappel und auf dem Areal der Aral-Tankstelle entdeckt.
Nach
dem Fund einer Luftschutzzelle aus dem Zweiten Weltkrieg an der
Kohlsdorfer Straße in Freital-Potschappel berichtet SZ-Leser Günter
Winkler von einer ähnlichen Entdeckung in Deuben. „Als 1999/2000 an der
Dresdner Straße, gegenüber der Polizei, die Aral-Tankstelle gebaut
wurde, hat man dort zwei solche Anlagen gefunden“, sagt der Rabenauer,
der damals als Hausmeister arbeitete.
Besagter Stahlbetonzylinder, hergestellt von der Cossebauder Firma Dywidag, wurde seinerzeit verschrottet, weiß Winkler.
Im Fall des jetzt gefundenen Ein-Mann-Bunkers gibt es andere Pläne. Er
soll ins Depot des Militärhistorischen Museums Dresden wandern, sagte
der Militärhistoriker Wolfgang Fleischer von der Einrichtung. Fünf
Exemplare gehören bereits zum Fundus des Hauses. Nach Fleischers Worten
ist die in Potschappel gefundene Luftschutzzelle „normal erhalten“.
Nach dem Krieg wurden die vier bis sechs Tonnen schweren Kolosse
angesichts des großen Transportaufwandes umgestürzt und mit Erde
zugeschüttet. (SZ/dsz) |
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