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Bunker

bullet7.gif.gif (140 Byte) Heidenau
Freitag, 4. Juni 2010
(Sächsische Zeitung)

Als Kind flüchtete er in diesen Bunker – nun wird er abgerissen

Von Heike Sabel

Die Tage des unterirdischen Schutzraumes sind gezählt. Christof Thiemer erinnert sich, wie er im Krieg die Luftschutzwarte austrickste.

Die gemauerten Ziegelwände sind unverputzt. Die gebogene Decke aus Beton gegossen. Der Bunker ist im Zickzack gebaut. So sollten die Luftdruckwellen im Zweiten Weltkrieg besser ausgeglichen werden. Die Wegeführung gleicht einem Labyrinth. Die Gänge sind niedrig und schmal, an einigen Stellen stößt man beim Ausbreiten der Arme mit den Händen an die Wände.

Christof Thiemer schaut sich in dem Bunker am Platz der Freiheit um. Er staunt über den guten Zustand, doch kommt ihm heute alles viel kleiner vor. Als er in den Bunker flüchten musste, war er Kind. 1942 kam er in die Schule. Da die heutige Goethe-Schule Lazarett wurde, musste er in die Gommersche Schule gehen. Auf dem Heimweg kam er öfter in Bombenalarme. Mit anderen lief er dann in den Bunker. Für die Jungs war das eher Abenteuer. „Manchmal sind wir auf der einen Seite rein und auf der anderen wieder raus.“ Einer der Jungs lenkte den Luftschutzwart ab, und schwups entwichen sie im Gewühl durch eine der beiden Metalltüren. In welche Gefahr sich die Jungen begaben, war ihnen nicht bewusst.

Der Bunker wurde Ende 1943, Anfang 1944 vom Heidenauer Bauunternehmer Burschke gebaut. Genaue Unterlagen gibt es nicht, erklärt die Stadt. Für wie viele Menschen der Bunker gebaut wurde, ist unklar. „Sehr voll war der Bunker nie, zumindest wenn ich dort war“, sagt Christof Thiemer. Meist waren es Passanten und Bewohner des Hauses direkt am Platz, das heute verfällt. Damals gehörte es zu den Vorzeigehäusern.

Nach dem Krieg geriet der Bunker bei den Heidenauern und Christof Thiemer in Vergessenheit. Er erinnert sich jedoch, dass sowjetische Soldaten in den ersten Maitagen 1945 rote Särge mit Gefallenen in den Bunker stellten. Sie wurden Anfang der 1950er-Jahre auf den Friedhof nach Pirna gebracht. Den Sowjetsoldaten ist auch das Denkmal gewidmet, das nach der Neugestaltung des Platzes wieder aufgestellt werden wird. Es ist bereits die zweite Variante. Sie entstand in den 1970er-Jahren, nachdem die erste von 1945/46 baufällig war.

Das Geheimnis um den Bunker war aufregender als die Realität. Trotzdem hätten noch mehr Heidenauer gern einen Blick in die Unterwelt geworfen. Doch das wäre zu gefährlich, sagen Bauleiter und Stadt. So kann der Bunker bei vielen Heidenauern seinen geheimnisvollen Ruf nicht mehr loswerden. Er muss jetzt der Neugestaltung des Platzes weichen.

Der Teil des Bunkers auf der Seite zur von-Stephan-Straße ist schon beseitigt. Die Mauern und die Decke wurden abgerissen, der Betonfußboden ist aufgemeißelt, der Rest verfüllt. Weiter arbeitet sich der Bagger in Richtung der ehemaligen Sparkasse vor. In ein paar Tagen wird von dem einstigen Luftschutzbunker nichts mehr übrig sein, außer der Erinnerung bei Menschen wie Christof Thiemer.

Bunker Heidenau

Christof Thiemer ist gestern noch einmal in den Bunker hinabgestiegen, indem er als Kind einige Male unterkam. Fotos: Schlorke

Bunker Heidenau

Der Bunker wird komplett abgerissen und verfüllt. Er befindet sich quer über den Platz der Freiheit, der danach zu einem Park umgestaltet wird.

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