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Bunker

bullet7.gif.gif (140 Byte) Bunker in Lohmens Herrenleite - Komplexlager 32

Samstag, 24. März 2012
(Sächsische Zeitung)

LOHMEN

Die Wahrheit über den Bunker in Lohmens Herrenleite

Von Lars Kühl

Viele Gerüchte über das Komplexlager 32 kursieren. Deutschlands Bunkerexperte Paul Bergner weiß mehr. Und hat das aufgeschrieben.

Was wird nicht alles erzählt über den Bunker in der Herrenleite, in dem sich die Lohmener Biker beim Weltuntergang am 21.Dezember 2012 – der wird ja von einigen Wissenschaftlern vorausgesagt, weil der Maya-Kalender endet – mit Gleichgesinnten verschanzen wollten: Wehrmachtanlage, geheimnisvolles Experimentierlabor oder Waffenlager der Nationalen Volksarmee. Alles Quatsch, sagt Paul Bergner, Jahrgang 1939, aus Basdorf, einem Ortsteil von Wandlitz, deutschlandweit vielen als Bunkerpapst bekannt.

Der Mann, der 1945 den angloamerikanischen Luftangriff in Dresden überlebte, war über 30Jahre in verschiedenen Positionen und Dienststellen Angehöriger der bewaffneten Organe der DDR. Seit der politischen Wende forscht er akribisch in der Bunkerszene, kriecht in alle zugänglichen Löcher und sucht Antworten. In seinem Buch „Atombunker im Kalten Krieg und das Programm Delphin“, einem 900-Seiten-Wälzer, beschreibt er detailverliebt die Schutzbauten, vor allem und fast lückenlos die auf dem Gebiet der DDR. So auch die Anlage in der Lohmener Herrenleite mit der schlichten Bezeichnung Komplexlager 32. Weitgehend unterstützt wird Bergner in seinen Thesen von Dieter Kosin, der in Pirna auf dem Sonnenstein wohnt und sich in seiner Abhandlung „Das geschundene Tal“ mit der Geschichte in den ehemaligen Steinbrüchen in der Herrenleite auseinandergesetzt hat.

1944 wurde durch die Deutsche Gasoline AG eine Schmierölfabrik zu Kriegszwecken errichtet, schreibt Kosin. Die Anlage sei aber nur zu 20Prozent fertiggestellt worden. Das Mineralöllager der Luftwaffe war laut Bergner durch Tarnnetze, die über die Schlucht gespannt wurden, versteckt.

Nach Kriegsende ging die Produktion im Benzinwerk Mockethal, dem späteren Mineralölwerk Herrenleite, weiter. Bis es 1964 stillgelegt wurde, berichtet Kosin. Aber: „Nicht beseitigt wurden die enormen Umweltschäden in der Herrenleite, die sich bis in die heutige Zeit auswirken.“

Am 1.Oktober 1964 übernahm die Nationale Volksarmee das Gelände und nutzte es hauptsächlich als Treibstoff- und Öllager. Im Laufe der Zeit wurde es jedoch wichtiger, Tanktechnik der Luftstreitkräfte bzw. -verteidigung instand zu setzen. Viele Treibstoffbehälter wurden ab Mitte der 1970er-Jahre verschrottet, so Kosin. Kurz darauf kamen Arbeiter und untersuchten das alte Steinbruchgelände. Auf der Suche nach einem Schatz? Gerüchte um das seit 1945 verschollene Bernsteinzimmer machten damals die Runde. Ein alter Stollen, allerdings nicht zu verwechseln mit dem Gangsystem, das später zum Komplexlager 32 wurde, war nach dem Krieg von den Sowjets gesprengt worden.

Die Arbeiter trieben einen Parallelschacht in den Sandsteinfels und betraten den nicht verschütteten Teil des Stollens. Das Bernsteinzimmer fanden sie nicht, erzählt Kosin, dafür eine alte Lore.

Das militärische Interesse der NVA an der Herrenleite war aber geweckt. Für diesen Teil konnte Dr.Klaus Rogoll, Leiter der Dienststelle Komplexlager32 und nach der Wende Kommandant des zum Gerätedepot Lohmen umbenannten Bundeswehrstützpunktes, für Dieter Kosins Werk ein Kapitel beitragen. Das Gangsystem auf dem heutigen Gebiet der Lohmener Biker wurde zwischen 1983 und 1986 durch den volkseigenen Betrieb Schachtbau Nordhausen in den stillgelegten Sandsteinbruch getrieben. Das KL-32 nahm am 1.September 1986 seinen Dienst auf.

Hauptsächlich wurden Versorgungsgüter wie Munition verschiedener Kaliber, Feldküchen, Fernmelde- und Pioniergeräte eingelagert. Paul Bergner beschreibt den Bunker wie folgt: „Die Anlage ist mit Lkw in einem Rundkurs befahrbar. Zwei Hauptstollen führen in das Innere des Berges.“ Die Verbindung stellen vier Querstollen her. Außerdem würden vom linken Hauptstollen nur zwei Kammern abzweigen, vom rechten dagegen neun. Von dort sei auch der „Personalbunker“ mit Mannschaftquartieren und Sanitärräumen erreichbar. Eingebaute Klimaanlagen haben laut Dr. Rogoll eine konstante Luftfeuchte von 55 bis 60 Prozent und eine Raumtemperatur von bis zu zwölf Grad Celsius garantiert.

Die Bundeswehr übernahm das Lager im Oktober 1990, bis 1992 wurde das explosive Material vernichtet, zum Teil auch nach Finnland und in die Türkei verkauft. Bis zur Abwicklung 1999 lagerten noch Feldküchen, Werkzeugsätze und Zelte im Bunker. Als kein Nachnutzer gefunden werden konnte, wurde die Anlage mit Betonplomben verschlossen. Bis die Lohmener Biker den Bunker 2007 kauften …

Bunker Lohmen

Das riesige Gangsystem in der Herrenleite gehört den Lohmener Bikern. Die ursprünglichen Ausbaupläne wurden nur zum Teil vollendet. Die Stollen konnten mit Lkws befahren werden. Paul Bergner machte sich bei einer Begehung selbst ein Bild. Fotos: Marko Förster(1)/privat

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