Die Entstehung der Genossenschaft und der
genossenschaftlichen Anlagen
Vorgeschichte:
Mit der Errichtung der Talsperren bei Malter und Klingenberg hat gleichsam auch die
Geschichte der Weißeritz einen markanten Wendepunkt erfahren. Das einst launenhafte
Gewässer ist durch den Betrieb mit den Talsperren grundlegend geändert worden.
Mannigfaltiger und erträglicher sind nunmehr die Nutzungen gegenüber der alten Zeit, da
die Weißeritz fast nur in Extremen von ihrem Dasein zeugte. Waren es nicht wilde, alles
vernichtende Hochwässer, die hauptsächlich den am Unterlauf der Weißeritz aufstrebenden
Siedlungen periodisch unermeßlichen Schaden zufügten, so war es sehr oft wieder der
Mangel an auch bescheidensten Ansprüchen der Anlieger genügendem Flußwasser.
Die gewerbliche Nutzung des Weißeritzwassers ist urkundlich bis in das Jahr 1366
bekannt. Namentlich in den Ortsfluren von ,,Lobotau" (Löbtau) und ,,Plawen"
(Plauen) bestanden an der ,,Wistericz" Mühlenwerke verschiedenster Art. So ist als
ein Urveteran dieser Mühlenwerke das Triebwerk der heutigen Bienertmühle anzusehen, das
1593 bereits schon mit 16 Mahlgängen arbeitete. Von dem einstmals nur als Jagdgefilde in
besonderem Ansehen stehenden, fast unzugänglichen Plauenschen Grund aus, führte eine
Röhrenwasserleitung dem alten Dresden das Trinkwasser zu. Seit 1550 bis noch in unsere
Zeit (1875) diente ferner die Weißeritz alljährlich als Holzflöße und versorgte in der
Hauptsache die Dresdner rechtzeitig mit Brennmaterial aus den Waldungen des Erzgebirges.
Über Wassersnöte - in beiderlei Sinne - enthält die Chronik der Weißeritz nur
allzubekannte Tatsachen. Hochfluten wechselten mit Wassermangel. Bemerkenswerte
Katastrophen-Wässer führte die Weißeritz in den Jahren 1445, 1498,1523,1538,1582, 1593,
1598, 1599,1607,1625,1651, 1655, 1695,1760, 1784, 1830,1845,1858,1862 und 1897.
Die Gemeinden berechneten 1897 ihren Schaden mit 3 Millionen Mark, außerdem sind 2,4
Millionen Mark Schaden an Privateigentum entstanden. Dagegen darf wohl als das trockenste
Jahr das Jahr 1590 angesehen werden, 'denn die Mühlen standen still, die Mehlnot war so
groß, daß die Leute das Korn kochten und mit Löffeln aßen'.
Charakteristik des Flußgebietes:
Zur Beurteilung der Sonderheiten dieses interessanten Flußgebietes bedarf es einer
näheren Beschreibung desselben.
Die Weißeritz entwässert in 3 Abschnitten ein Gebiet von insgesamt 384 qkm
Flächeninhalt. Diese drei Abschnitte sind:
1. das Einzugsgebiet der Roten Weißeritz (Altenberg - Kipsdorf - Dippoldiswalde -
Coßmannsdorf) mit rund 156 qkm Größe,
2. das der Wilden Weißeritz (Neustadt i.B. Rehefeld - Klingenberg -Tharandt -
Coßmannsdorf) mit rund 162 qkm Größe und
3. das der Vereinigten Weißeritz (Coßmannsdorf - Freital - Dresden) mit rund 66 qkm
Größe.
Die Quellen der Roten Weißeritz (787 m ü. N.N.) und der Wilden Weißeritz (823 in ü.
N. N.) liegen am nördlichen Kamme des Erzgebirges in einer gegenseitigen Entfernung von
rund 9 km. Bis zu ihrer Vereinigungsstelle in Coßmannsdorf (Freital) beträgt bei der
Roten Weißeritz die Flußlauflänge 36,5 km und das absolute Gefälle 606 m; bei der
Wilden Weißeritz beträgt die Flußlauflänge 52,5 km und das Gefälle 642 m. Von der
Vereinigungsstelle ab bis zur Einmündung in die Elbe beträgt die Flußlänge noch 13,7
km und das absolute Gefälle 79 m.
Aus dem relativ großen Gefälle ist ohne weiteres zu erklären, daß die im
Einzugsgebiete anfallenden Wassermengen sehr rasch zum Abfluß gelangen und somit
einesteils die Hochwassergefahr, andernteils den vorzeitigen Wassermangel hervorbringen.
Die Anfänge der Genossenschaften:
Die ersten bemerkenswerten Anzeichen zur Begegnung der den kulturellen Bestrebungen
immer unerträglicher werdenden Zustände im Wasserhaushalt der Weißeritz lassen sich auf
die Jahre 1862 und 1863 zurückführen, die nacheinander Hochflut und Wassermangel
brachten. Hauptsächlich ist es der Wassermangel. der die Forderung nach Anlegung von
Sammelteichen im Oberlauf der Weißeritzen besonders bekräftigte. Seit dieser Zeit fanden
diese Bestrebungen dauernd neue Anhänger, bis schließlich 1892 der Verein der
Weißeritz-Wasser-Interessenten zustande kam, der die Bildung einer Zwangsgenossenschaft,
zum Zwecke der Herstellung eines gleichmäßigen Weißeritz-Wasserabflusses betrieb.
Seinen umfangreichen Vorarbeiten und nachhaltigen Petitionen wendete schließlich die
Regierung Interesse zu und wurden - da anläßlich der 1897er Wasserkatastrophe auch
Forderungen aus anderen Kreisen, namentlich den Gemeinden, nach ausreichendem
Hochwasserschutz hinzutraten - sowohl von Regierungsseite, als auch vom Landtag,
entscheidende Schritte zur Abhilfe zugesagt. Die Planbearbeitung wurde 1899 der
Wasserbaudirektion übertragen, während zu gleicher Zeit ein staatlicher Kommissar
bestellt wurde für den Aufbau der Genossenschafts-Organisation, die Aufstellung der
Grundsätze und die Verteilung der Lasten. In die gleiche Zeit fielen auch im Landtag die
Beratungen über ein Sächsisches Wassergesetz und waren es hauptsächlich mangelnde
Gesetzesbestimmungen, die auch dem neuartigen Plan, die Erbauung von Talsperren, nicht
vorwärtsbrachten. Aus gleichen juristischen Bedenken konnte sich der Staat auch nicht an
den Kosten der Talsperrenbauten beteiligen, da angeblich ein erhebliches
Landeskultur-Interesse bei diesen Plänen nicht vorhanden war.